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Die Buch-Kreuzigung durch Johann Wolfgang von Goethe

Kurz notiert, schnell gelesen Die bibliophile Notiz für Kalenderwoche 28

Von Meister Goethe ist eine eigentümliche Legende in Umlauf. Die Überlieferung ist unsicher und wenn nicht wahr, so schön erfunden. Am 14. September 1779 nagelt Goethe unter lästerlichen Reden eine Ausgabe von Friedrich Heinrich Jacobis Roman Woldemar mit beiden Einbanddeckeln an einen Baum. Goethe selbst bezeichnete diesen Akt als «Kreuzerhöhung», mit der er einen schändlichen Epigonen seines Werther-Buchs symbolisch bestrafen wollte. Von Sophie La Roche nach dem Vorgange befragt, antwortet ihr der Zeitgenosse Christoph Martin Wieland, er kenne die Geschichte nur vom Hörensagen, doch bei einem Spaziergange habe er «eine in blaues Papier geheftete Brochure» gesehen, «die an eine Eiche genagelt war, ungefähr wie man die Raubvögel an das grosse Thor an einem Pachthof oder einer gentilhomme anzunageln pflegt. Was für eine Brochure es sey, wollte mir niemand sagen». Der symbolisch «gekreuzigte» Jacobi selbst soll ebenfalls vom Vorfall gehört und Goethe zur Rede gestellt haben, ohne dass dessen Antwort überliefert ist. Wie Mona Körte in Essbare Lettern, brennende Bücher schreibt, waren (gesellige) Buchhinrichtungen zu jener Zeit allerdings nichts gänzlich Ungewöhnliches. (bm)

An dieser Stelle präsentieren wir wöchentlich eine bibliophile Notiz. Kalenderwoche 27: Beste Reklame

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